top of page

Systemische Aufstellungsarbeit als Urform der Therapie: Ein kleiner Guide für Einsteiger

Die Aufstellungsarbeit ist oft eine gute Ergänzung zur konventionellen Psychotherapie. Mit ihr bekommen wir die Möglichkeit, die Dinge auch einmal aus einer distanzierteren Position heraus zu betrachten. Das kann sehr befreiend wirken. Für wen systemische Familienaufstellungen geeignet sind, was sie bewirken und woher die Methode kommt.

Wer den Wunsch hat, das so genannte "große Ganze" in den Blick zu nehmen, für den sind Aufstellungen eine effektive Methode. Systemische Aufstellungen machen transparent und erlebbar, welche Aspekte und Kräfte im Hintergrund eines Problems wirken und wie sich diese Aspekte zueinander verhalten. Auch lassen sie sich in Ruhe isoliert betrachten, was Klarheit schafft.

WAS IN EINER AUFSTELLUNG GESCHIEHT

In der Aufstellung werden Teilnehmer stellvertretend für die Mitglieder des Systems eines Klienten, zum Beispiel dem seiner Familie, in Bezug zueinander "gestellt". Möglich ist das mit echten Menschen oder stellvertretend mit Gegenständen, so genannten Bodenankern oder kleinen Figuren.

Diese Hilfsmittel spielen vor allem in Einzelsitzungen eine Rolle. Bei Aufstellungen in der Gruppe kommen stattdessen echte Menschen zum Einsatz, die als Stellvertreter für Familienmitglieder und auch für einzelne, bestimmte Symptome eingesetzt werden. Der große Vorteil an einer Aufstellung in der Gruppe ist, dass auch für den Klienten mit seinem Wunsch nach Erkenntnis ein Stellvertreter gewählt wird. Möglicherweise vorhandene, eigene Blockaden können auf diesem Wege umgangen werden, eine ganz neue Erfahrung wird auf diese Weise ermöglicht.

Von großer Bedeutung ist die Art und Weise, in der ein Klient die Stellvertreter in der Aufstellung im Raum anordnet: Schauen die Personen sich an, stehen sie eng beieinander oder weit distanziert? Allein hierdurch lassen sich häufig wichtige Erkenntnisse zum zugrunde liegenden Konflikt ableiten.

Der Klient überträgt dann das innere Bild, welches er von sich und seinem System hat, auf seinen Stellvertreter und die beteiligten, anderen Personen. Diese beginnen miteinander zu einem spezifischen Konflikt zu interagieren. Der Klient selbst steht außerhalb und kann die Situation aus der Distanz betrachten. Sein Vorteil ist, dass er emotional selbst nicht direkt involviert ist und einmal den sich entwickelnden Dynamiken zuschauen kann.

ÜBER DIE URSPRÜNGE DER AUFSTELLUNGSARBEIT

Obwohl die Ursprünge der modernen Aufstellungsarbeit gut bekannt sind, sind die Methoden selbst wahrscheinlich so alt wie die Menschheit. Sie sind Bestandteil zahlreicher, alter Kulturen und werden bis heute an vielen Orten der Welt in rituellen Zusammenhängen praktiziert.

Die so genannte klassische Familienaufstellung, welche ich auch in meinen Seminaren anwende, wurde in den 1990er Jahren von dem Priester und Psychoanalytiker Bert Hellinger entwickelt. Hellinger lebte lange als Missionar in Afrika und hatte die Gelegenheit, Rituale und Bräuche der ansässigen Stämme intensiv zu studieren.

Von ihnen hat Hellinger gelernt, dass jeder Mensch Zeit seines Lebens Teil seines Familiensystems ist, ganz gleich, ob er es möchte oder nicht. Treten innerhalb dieses Systems nun Störungen auf, sind immer auch seine einzelnen Individuen auf die eine oder andere Weise betroffen. Selbst wenn Personen längst verstorben sind, können Störungen, die sie (häufig unbewusst) verursacht haben, im System verhaftet bleiben. Eine wichtige Erkenntnis der Aufstellung nach Hellinger ist es darum, dass Ahnen krank machen können.

FÜR WELCHE SYMPTOME EINE AUFSTELLUNG GEEIGNET IST

Eine Aufstellung ist überall dort erfolgversprechend, wo unbewusste Verstrickungen wirken. Wer im Leben immer wieder an den gleichen Hürden scheitert und es dafür keine greifbare Erklärung gibt, inszeniert möglicherweise unbewusst das immer wieder gleiche Drama eines seiner Vorfahren. Wichtig: Hinter dieser Erklärung verbirgt sich kein esoterisches Weltbild, sondern es stecken Mechanismen der Kognition sowie der Sozialisation dahinter.

Teilnehmer meiner offenen Aufstellungen in Berlin bringen oft eines der folgenden Themen mit in die Sitzung:

  • Erfolgsblockaden

  • familiäre Konflikte

  • Innere Unruhe

  • Schmerzen oder Dysfunktionen eines Körperteils

  • Berufliche oder persönliche Krisen

  • Probleme in der Partnerschaft

  • Süchte und Abhängigkeiten (auch von anderen Menschen!)

  • traumatische Erfahrungen auch im vor-sprachlichen Alter

  • Die Suche nach dem "richtigen Platz im Leben"

Wer sich für die Aufstellungsarbeit interessiert, dem sei gesagt, dass diese kein Ersatz oder eine Alternative für eine klassische Psychotherapie sein kann. Sie ist jedoch eine gute Ergänzung in einer laufenden Psychotherapie.

Auf der anderen Seite reichen klassische Therapieansätze manchmal nicht aus, um zu einem ganz bestimmten Problem erfolgreich vorzudringen. Das ist oft der Fall, wenn eine traumatische Erfahrung bis in das vorsprachliche Alter zurückreicht. Mit der Methode der Aufstellung lässt sich in solchen Fällen vielfach weiterkommen.

Weil inzwischen auch viel über unseriöse Aufstellungsangebote zu lesen ist, möchte ich an dieser Stelle bewusst darauf hinweisen, dass Aufstellungen starke Emotionen hervorrufen können. Interessenten sollten sich bewusst sein, dass es sich um ein so genanntes aufdeckendes Verfahren handelt.

WANN EINE AUFSTELLUNG KONTRAINDIZIERT IST

Psychologen und Psychotherapeuten warnen manchmal vor den Methoden der Aufstellung. Als Heilpraktiker für Psychotherapie nehme ich meine Fürsorgepflicht gegenüber Klienten sehr ernst! Auch ich bin der Ansicht, dass Aufstellungen unter bestimmten Umständen Schaden anrichten können.

Retraumatisierende Situationen versuche ich darum grundsätzlich zu vermeiden. Auf keinen Fall werden Klienten von mir nach einer problematischen oder aufwühlenden Aufstellung sich selbst überlassen! Bei Rückfragen oder Problemen, die eine direkte Folge einer Aufstellung sind, stehe ich darum auch kostenlos jederzeit für ein Telefonat zur Verfügung.

Beim Vorliegen bestimmter, psychiatrischer Krankheitsbildern und insbesondere bei einer Neigung zu Psychosen sind aufdeckende Verfahren, zu welchen die Aufstellungsarbeit zählt, vollkommen kontraindiziert und werden von mir nicht durchgeführt.

bottom of page